Also das ist so
„Es gibt nichts Vollkommeneres als ein gebrochenes Herz.“ – Rabbi Menachem Mendel von Kotzk
Also das ist so.
Ich bin es nicht gewohnt mit Menschen im Zimmer zu schlafen
denn die Seele
seelt sich ständig anders hin
und morgens muss ich
allein sein.
Ich habe ein gebrochenes Herz aber nicht dass du denkst…
Bei allem Respekt für den Kotzker Rebben
es gibt Vollkommeneres.
Denn ich bin Dichterin. Ich kann
wie die Ameise
in die Hölle hinabsteigen mit einem Lineal aus Stroh
und wieder raufkommen mit einem Weizenkorn.
Hanser Verlag, Edition Lyrik Kabinett, 107 Seiten, € 24,-
Aus dem Hebräischen von Anne Birkenhauer
Klappentext des Verlages:
„Ein Palmenwischer streicht von der Himmelsscheibe / Wörter die blieben nachdem die Liebe ging.“
Agi Mishol ist die populärste Dichterin Israels, ihre Gedichte sind melancholisch, selbstironisch und berühren durch die Lebendigkeit ihrer erstaunlichen Bilder. Als Tochter von Holocaustüberlebenden geht die Lyrikerin auch den Spuren des heutigen Leids nach, ob sie über einen umgepflanzten Olivenbaum schreibt, der für die Entwurzelung der Palästinenser steht, oder von einer zwanzigjährigen Schahidin, die „unterm weiten Kleid schwanger mit Sprengstoff“ geht.
Trotz aller Konflikte überwiegen in Mishols Gedichten die Lichtblicke, denn auch wenn es „unter der Sonne nichts Neues gibt / über ihr vielleicht schon“.
Agi Mishol wurde 1946 in eine ungarische Familie in Transsilvanien geboren, die bald darauf nach Israel einwanderte. 1972 erschien der erste ihrer bisher 20 Gedichtbände, die allesamt Bestseller sind. Für ihre Gedichte, die in zahlreiche Sprachen übersetzt wurden, wurde sie vielfach ausgezeichnet, 2019 mit dem internationalen Zbigniew-Herbert-Literaturpreis.
Gedicht: Seite 53
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